Lena Micheel – My love (for hockey) on top!

Lena Micheel – My love (for hockey) on top!

Für die 25-jährige Team Hamburg-Athletin Lena Micheel steht ihre größte Leidenschaft an erster Stelle – um es mit den Lyrics von Beyoncé zu sagen: „[I] put my love on top“. Bei Lena Micheel ist diese Liebe ganz klar die Liebe zum Hockey.

Wie bei so vielen Leistungssportlern ist auch Lena Micheels sportliche Leidenschaft familiär geprägt, ihr Vater spielte Handball, ihre Mutter war selbst im Hockeysport aktiv. Ihre eigene Liebe zum Hockey entdeckt Lena bereits als junges Mädchen auf einem Tag der offenen Tür. „Bis auf Kinderturnen habe ich außer Hockey einen anderen Sport in meinem Leben betrieben“, erinnert sich die 25-jährige. Was sie bis heute besonders daran reizt: die Vielseitigkeit, die immer wieder neue Herausforderungen mit sich bringt: „Es ist technisch sehr anspruchsvoll, was die Arbeit am Schläger anbelangt, aber trotzdem muss man auch athletisch alles andere abdecken. Ausdauer muss man intensiv trainieren und Taktik-Know-how, also Köpfchen sollte auch noch dabei sein. Man kann super viele Kompetenzen bedienen.“

Heimathafen Hamburg, doch parallel immer weiter raus aufs internationale Meer

Die gebürtige Berlinerin lebt für ihren Sport. Deswegen machte es ihr auch nicht das geringste aus, nach ihrem Abitur und insgesamt drei Jahren beim TuS Lichterfelde Berlin in die „Hockey-Hauptstadt“ Hamburg zu ziehen. „Ich wusste, ich kann hier innerhalb einer Stadt an verschiedensten Stationen Bundesliga spielen, da ist man so breit aufgestellt und gleichzeitig ist der Weg nicht weit nach Hause.“ Bis heute hat Lena die Entscheidung nie bereut. Kein Wunder, denn beim Uhlenhorster Hockey Club, für den sie seit mehr als acht Jahren auf dem Platz steht, hat sie nicht nur ein neues Zuhause, sondern auch eine zweite Familie gefunden.

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Für Lena Micheel läuft es mit der Hockeykarriere wie am Schnürchen. Schon im Alter von 15 Jahren landet sie über Sichtungslehrgänge bei der U16-Nationalmannschaft im Damenhockey. Lena durchläuft, wie sie selbst sagt „die klassische Mühle“ und kommt nach 55 Spielen für die U16, U18 und U21 schließlich mit 20 Jahren im A-Kader der „Danas“ an. An die ersten Schritte auf der internationalen Bühne erinnert sich die Wahl-Hamburgerin noch gut: „Ich weiß noch, dass ich total geschockt war, als ich mein erstes Trikot bekommen habe. Das hatten wahrscheinlich schon acht andere Spielerinnen vor mir getragen, aber das war mir total egal. Ich war einfach nur wahnsinnig stolz!“. Auch ihr erstes Länderspiel wird sie niemals vergessen. Zwar war es für die Mannschaft zu dem Zeitpunkt nur ein unbedeutendes Trainingsspiel, nicht aber für Lena: „Ich habe da gespielt als wenn es um mein Leben ginge. Ich kriege Gänsehaut, wenn ich jetzt wieder darüber nachdenke.“

Führung ist nicht gleich Führung, Verein ist nicht gleich Nationalmannschaft

Als mittlerweile erfahrene Nationalspielerin übernimmt die 25-jährige in ihrem Heimverein wichtige Aufgaben. Dazu gehört nicht nur die Rolle der Führungsspielerin und eine Vorbildfunktion für ihre Teamkolleginnen, sondern einiges mehr: „Es kann bedeuten, auf dem Platz das Zepter in die Hand zu nehmen, aber auch genauso ein Gespür für das Team zu entwickeln. Auf menschlicher Ebene zu gucken, wo drückt der Schuh? Oder zu wissen, was braucht es jetzt in den letzten fünf Minuten im entscheidenden Spiel?“

Beim UHC ist Lena Micheel neben Amelie Wortmann eine von zwei Spielerinnen, die im aktuellen Kader der Danas dabei ist. Zwischen dem Hamburger Verein und den Mädels in Schwarz-Rot-Gold ist für Lena ein wesentlicher Unterschied spürbar: die Teamatmosphäre. „Man hat einen etwas professionelleren Anspruch an das Ganze. In der Nationalmannschaft haben alle nochmal eine andere Leidenschaft für den Sport und stellen alles hinten an. Das ist im Amateursport auf Vereinsebene eben nicht möglich, da die meisten noch bis 18:00 Uhr ihrer Ausbildung oder ihrem Beruf nachgehen.“

Lena Micheel, die zwar nebenbei Rechtswissenschaften an der Uni Hamburg studiert, nun nach dem ersten Examen allerdings eine Pause eingelegt hat, konzentriert sich aktuell voll aufs Hockeyspielen. Um es mit den Worten von Beyoncé auszudrücken: „(I) put my love (for hockey) on top“. Denn der Song „Love on top“ war jahrelang Bestandteil der Pre-Game-Motivations-Routine von Lena und ihrer Teamkollegin Amelie Wortmann. Heute kann Lena darüber nur noch lachen und stellt klar: „Ich wurde so oft darauf angesprochen und es hat auch kein Glück gebracht, weil zum Beispiel Tokio zu der Zeit ergebnistechnisch sehr schlecht lief. Da haben wir beschlossen „Love on top“ zu begraben“. Doch die Leidenschaft und der Fokus auf den Sport bleiben: „In der Olympiavorbereitung ist Sport ganz klar Priorität Nummer eins.“, so die 25-jährige.

100 Spiele für die Danas – mit Erfahrung zur olympischen Medaille?

Seit Mitte Januar ist es nun auch offiziell – die deutschen Hockeydamen sind bei den diesjährigen Olympischen Spiele in Paris dabei. Das Qualifikationsturnier für sich zu entscheiden und sich den Traum von der zweiten Olympiateilnahme zu erfüllen, war für Lena Micheel ein absolutes Gänsehautgefühl: „Wir sind ja als Favorit in dieses Turnier gegangen und da willst du natürlich diese Erwartung erfüllen. Und es hat zum Glück alles zusammengepasst, wir haben uns im Verlaufe des Turniers gesteigert und dann den Sack auch wirklich zuzumachen, das tut sehr gut!“.

Anfang des Jahres konnte sich Lena über einen weiteren, diesmal noch persönlicheren Meilenstein freuen. Im Februar feierte sie mit einem Sieg über Argentinien in der Hockey Pro League ihr 100. Länderspiel. „Es ist schon spannend, mal zurückzublicken und da merkt man dann auch, wie krass das ist“, gesteht Lena, „Deswegen war ich schon sehr gerührt und es war schön, das im Team zu feiern“.

Erfolge wie dieser sind für Lena Micheel die größte Motivation für die intensive Vorbereitung auf Paris, die u.a. in Stützpunktrainingseinheiten in Hamburg und bei einem Testurnier Anfang Mai in der französischen Hauptstadt stattfinden. Zusätzlich wächst die Vorfreude mit der Aussicht auf Olympische Spiele ohne jegliche Pandemieeinschränkung: „Tokio war ja aufgrund der Verschiebung und eben Corona ganz speziell. Man hatte zwar ein Jahr mehr Vorbereitung, aber eben im Lockdown, das hieß meist allein und in Eigenregie“, zählt die Athletin auf. „Man geht jetzt viel motivierter ins Training, auch weil man dieses Mal vor Zuschauern spielt und die Familie durch die verhältnismäßig geringe Entfernung zu Deutschland vor Ort sein und einen anfeuern kann“.

Ein konkretes Ziel der Danas ist für Olympia laut Lena Micheel noch nicht ausgegeben, sie ist sich jedoch sicher, jeder träumt insgeheim vom Treppchen. Und auch wenn noch ein langer Weg vor ihnen liegt, sieht sie dafür aktuell realistische Chancen: „Ich glaube schon, dass wir da oben mitspielen können. Momentan geht es trotz Rückschlägen stetig vorwärts und wenn wir es wieder schaffen, uns im Verlaufe des Turnier zu steigern, dann könnte das für einen der oberen Plätze reichen.“ Damit würde auch für Lena persönlich ein Karrieretraum in Erfüllung gehen, denn neben dem Hockeyschläger einmal so eine olympische Medaille in der Hand zu haben – das hätte schon was.

Text: Lara Posekardt